Erlebnisbericht von Katharina Hack

Aguyjevete!

Ich möchte euch für ein paar Minuten das weihnachtliche Schneegestöber Deutschlands vergessen lassen und versuchen euch nahe zubringen wie sich die weihnachtliche Zeit auf der anderen Seite des Globus anfühlt.

Aber erstmal werde ich mich kurz vorstellen, und erzählen wie es mich überhaupt in das kleine Dorf Roca in Argentinien verschlagen hat. Mein Name ist Katharina, ich bin 19 junge Jahre alt, komme aus Bayern und habe dieses Jahr mein Abitur bestanden. Auf die verbreitete Frage “und was nun?” hatte ich glücklicherweise schon eine Antwort. Für mich stand schon lange fest, mir nach Abschluss des Gymnasiums ein Jahr Zeit zu nehmen, um mein Fernweh loszuwerden und dabei meine Zeit Menschen zu schenken, die das Leben nicht so reich beschenkt hatte.

Da meine Familie nun eine recht enge Beziehung zu Pater Josef Marx gepflegt hatte, schien es recht naheliegend, hierher nach Misiones zu kommen um sein Werk zu unterstützen.

Sodann nahm ich Kontakt zu den Steyler Missionaren auf, es folgten ein paar Telefonate und bald darauf traf ich ohne zu zögern die Entscheidung, ein halbes Jahr in Argentinien zu verbringen.

Von da an ging alles sehr schnell, ich buchte mein Ticket und ehe ich mich versah saβ ich schon im Flieger auf dem Weg in eine fremde Welt. Bewaffnet mit einem Moskitonetz und guten Spanischkenntnissen stürzte ich mich also in dieses Abenteuer; so kann man es denke ich ziemlich treffend beschreiben, da ich nicht wirklich eine Ahnung hatte, was auf mich zukam.

Glücklicherweise wurde ich sehr sehr herzlich von Schwester Ana und Schwester Berta aufgenommen, sodass ich mich hier vom ersten Moment an sehr wohl gefühlt habe. Ich wohne nun im Hogar San Vicente, einem Altenheim, hab mein eigenes kleines Zimmer und werde kostenlos versorgt, im Gegenzug dafür sozusagen arbeite ich gemeinsam mit Schwester Ana in den Schulen für die Guarani. Dort bin ich hauptsächlich für den Englisch Unterricht verantwortlich, helfe aber grundsätzlich immer dort aus, wo es gerade brennt.

Ich bin mittlerweile seit sechs Wochen hier, und langsam beginnt sich der Alltag einzuschleichen. Man verarbeitet die ganzen neuen Eindrücke und gewöhnt sich an den Anblick eines Guarani mit Äffchen auf den Schultern, wobei die Schönheit des Fremden und Unbekannten keinesfalls verblasst und auch die tollen Momente und magischen Augenblicke nicht weniger werden.

Einen davon will ich mit den Menschen teilen, die sich die Zeit nehmen um das hier zu lesen, oder besser gesagt ich will versuchen euch einen Hauch der wunderbaren Atmosphäre des Weihnachtsfestes in Ka´aguy yvate nahezubringen.

Ka´aguy yvate ist eine der fünf Guarani Siedlungen in denen es eine Schule gibt, falls man das Blechdach auf vier Balken als Schule bezeichnen kann. Aber nun gut, immerhin haben die Kinder die Möglichkeit einer Schulbildung, was für sie leider nicht selbstverständlich ist.

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Wir fuhren also letzten Mittwoch gegen Abend, begleitet von einem wunderschönen Farbenschauspiel am Himmel, die Ruta 12 entlang bis zu einer kleinen Abzweigung und bogen dort in den Urwald ein. Dort folgten wir ein paar Meter dem roten Erdweg bis die ersten Kinder uns barfuβ und mit einem breiten Grinsen auf dem Gesicht entgegenrannten. Wir parkten das Auto, überquerten ein kleines Bächlein und erblickten bald darauf die ersten Holzhütten etwas weiter unten im Tal und die beiden Lehrer die bereits auf uns warteten.

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Dort angelangt erwarteten uns alle schon sehr freudig und man begrüßte sich mit einem herzlichen Aguyjevete! Ein paar Frauen hatten bereits ein Feuer gemacht und bereiteten in einem riesigen Topf das Abendessen vor, Linseneintopf. Während wir ein bisschen quatschten, ich ein paar weitere Wörter auf M´bya lernte und die Schwester gemeinsam mit den Guarani eine wunderschöne Krippe mithilfe von einem Baumstamm, ein paar Stöcken und herumliegenden Blättern vorbereitete, und davor die Gaben, Kekse, Yerba und Süβbrot ausbreitete, breitete sich die Dunkelheit über uns aus und damit auch eine unbeschreiblich schöne und friedliche Stimmung. Der blaue Samt wurde immer dunkler und die einzigen Lichtquellen waren der Mond, die tausend Sterne am klaren Himmel und die vielen Glühwürmchen. Weit und breit war nichts zu hören auβer das Rauschen des Bächleins; hier und da wurde ein Lied gesummt und die Kinder lachten.

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Schwester Ana begann mit einer sanften Stimme und begleitet von Grillengezirpe die Weihnachtsgeschichte zu erzählen. Auf Guarani natürlich und alle lauschten sehr gespannt. Ich fühlte mich wie in einer riesigen Seifenblase und die Zeit verging viel zu schnell. Nachdem der Häuptling ein paar wichtige Worte gesprochen hatte und gemeinsam gegessen wurde, verabschiedeten wir uns und fuhren nach Capiovi; willkommen zurück in der lauten schmutzigen Zivilisation!

Meine Seifenblase platzte, doch auch die Weihnachtsdekorierung, die mir Schwester Ana dort zeigte war sehr beeindruckend, da sie komplett aus recycelten und bemalten Pfandflaschen gestaltet war, unglaublich!

Da wir hier alle zurzeit sehr damit beschäftigt sind die letzten weihnachtlichen Dekorationen zu basteln, die letzten Geschenke zu fertigen oder die letzten Lieder zu proben endet mein kleiner Bericht hier und ich wünsche allen wunderschöne, gesegnete Weihnachten und einen guten Rutsch ins neue Jahr und hoffe, euch eine Ahnung davon gegeben zu haben wie sich Weihnachten bei den Guarani anfühlt!

Katharina Hack

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