Bericht und Interview der Steyler-Missionare

05.11.2009 Bericht und Interview der Steyler-Missionare über das "Wie soll es weitergehen?"-Treffen

 

"Wie soll es weitergehen?"

 

 

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"Wir waren einmal mit ihm in seinem Range Rover unterwegs zur chilenischen Grenze, da kamen wir im Gebirge an einem Stand vorbei, an dem zwei Indianerfrauen etwas verkauften", erzählt Günther Hanisch mit leuchtenden Augen. "Als sich Pater Josef als Priester zu erkennen gab, sprang eine der beiden Frauen auf und holte einen Eimer mit Wasser, das er dann erstmal segnen musste. Anschließend baten sie Josef, ihnen die Beichte abzunehmen. So wurde also das Auto zum Beichtstuhl umfunktioniert, wir mussten aussteigen. Am Ende holte Josef noch ein paar Papstbilder aus dem Kofferraum, die dort irgendwo im Chaos vergraben waren. Für die beiden Frauen war das wie Weihnachten."

Hanisch schwelgt in Erinnerungen, und die drei Zuhörer an seinem Tisch hängen an seinen Lippen. Zwischendurch streuen sie lächelnd und nickend "Ja, so war er, der Josef" ein. Eine Glocke bimmelt, man wechselt zu einem der anderen Tische, die in der Aula der Steyler Missionsprokur aufgestellt sind.Überall gibt es zu Kaffee und Keksen nur ein Thema: Den Steyler Missionar Pater Josef Marx, der Ende Juni dieses Jahres verstorben ist. "Was hat Dich mit Pater Josef verbunden?", fragen sich bis dato Unbekannte und kommen sofort ins Gespräch. Auf den Papiertischdecken halten sie wichtige Dinge fest: Unter der Überschrift "Pater José" hat jemand die Eigenschaften "Begeisterungsfähigkeit, Tatkraft, positives Denken und Urvertrauen in Gott" notiert. Ein anderer die Frage: "Wie soll es weitergehen?"

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Das wohl ist es, was den rund 50 Teilnehmern der "Zukunftswerkstatt Pater Josef Marx SVD" am stärksten unter den Nägeln brannte. "Pater Marx hat uns auf jeder seiner Deutschlandreisen besucht", so Irmtraud Sanders, eine entfernte Verwandte des verstorbenen Missionars. Sein Tod habe sie sehr berührt – nun wolle sie wissen, wie die Hilfsprojekte in Argentinien weitergeführt werden. "Ich habe Pater Marx 40 Jahre lang finanziell unterstützt", sagte eine andere  Wohltäterin. "Ich würde die Arbeit in Misiones gerne weiter fördern, wenn ich wüsste, dass das Geld genauso gut angelegt wird, wie er es getan hat. Um das zu erfahren, bin ich heute hergekommen."

"Nach dem Tod von Pater Marx haben wir uns recht bald die Frage gestellt, wie man die verschiedenen Initiativen, die ihn in Deutschland unterstützt haben, zu einem Netzwerk zusammenführen kann", erklärte Michael Krambrock, einer der Organisatoren der Zukunftswerkstatt. "Weil es Pater Josef als zentrale Figur, die alles zusammengehalten hat, nicht mehr gibt, gilt es jetzt, die Last auf verschiedene Schultern zu verteilen." Deshalb, ergänzte Mitorganisatorin Christel Theissen, habe man all jene zusammenbringen wollen, die sich bereits für das Werk von Pater Marx engagieren. "Um Ideen zu sammeln, unsere Energie zu bündeln und dara

 

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uf aufmerksam zu machen, wie wichtig die gemeinsame Weiterführung seines Vermächtnisses ist."

Man habe einen Mann mit außergewöhnlichen Eigenschaften verloren, sagte Kambrock in seiner Eröffnungsansprache. "Einen Mann mit Ecken und Kanten und einem außergewöhnlichen Fahrstil", setzte er augenzwinkernd hinzu. Nun gehe es darum, das Werk von Pater Marx fortzuführen, "und zwar gemeinsam, damit nicht jeder alleine vor sich hinbrasselt." Missionsprokurator Konrad Liebscher zeigte sich überwältigt angesichts der Vielzahl der Gäste in Sankt Augustin. "Es zeigt, dass Pater Marx die Gabe hatte, zahlreiche Menschen für seine Sache zu begeistern", so Liebscher. "Für den Tag heute wünsche ich allen Gottes guten Geist." Die Missionsprokur werde die Freunde und Helfer von Pater Marx unterstützen, indem sie über die Aktivitäten der in Argentinien neu gegründete Pater-José-Marx-Stiftung berichte und entsprechende, bei ihr eingehende Spenden an sie weiterleite. Das bisherige Spendenkonto bleibe dazu bestehen.

marx5Nach einem filmischen Rückblick auf das Leben von Pater Josef Marx und einem anfänglichen Austausch in Kleingruppen berichtete Manfred Brauner über den gerade in Deutschland entstehenden Förderverein, der als „schnelle Eingreiftruppe“ die eher auf langfristige Projekte zielende Arbeit der Stiftung ergänzen will. "Wir wollen keine Konkurrenz zu den Steylern sein, sondern eine Art "Feuerwehr", die auch kurzfristig aushelfen kann", so Brauner, der den Vereinsvorsitz übernimmt.

Der Nachmittag stand ganz im Zeichen der Zukunftsplanung. "In unserer Arbeitsgruppe haben wir zum Beispiel über die Neugestaltung der Webseite marx-misiones.de gesprochen, die im Moment kein besonders einladendes Erscheinungsbild hat", berichtete Lothar Michael aus Xanten, der Pater Josef Marx noch einen Monat vor seinem Tod besucht hat. "Mit interaktiven Gestaltungsmöglichkeiten wollen wir in Zukunft jüngere Leute ansprechen. Wer als Freiwilliger in Misiones arbeitet, sollte etwa die Möglichkeit bekommen, seine Erfahrungsberichte und Bilder auf die Webseite einzustellen." In einer anderen Arbeitsgruppe beschäftigte sich unter anderem Achim Neugebauer aus Wachtberg mit finanziellen Fragen. "Wir haben besprochen, dass unbedingt Vertrauenspersonen gefunden werden müssen, um eingehende Spendengelder zu verwalten und an die richtigen Stellen weiterzuleiten", so Neugebauer. "Wir müssen eine zielgenaue Finanzierung garantieren können."

marx6Einen regelmäßigen weihnachtlichen Infobrief mit argentinischen Gastbeiträgen will der Freundeskreis ebenso auf den Weg bringen wie Dankesschreiben an Spender. Ein größeres Augenmerk wollen die engagierten Ehrenamtler sowohl auf ihre Außendarstellung als auch auf ihre Kommunikation untereinander legen. "Mich hat es sehr gefreut, hier Menschen zu treffen, die ähnlich ticken und ebenso engagiert und in seinem Sinne weiterführen wollen, was Pater Marx begonnen hat", bilanzierte eine Teilnehmerin am Ende der Veranstaltung, die nach einem gemeinsamen Gottesdienst gegen Abend ausklang.

Markus Frädrich

03.11.2009


  

 

Aktualisiert (Montag, den 09. August 2010 um 16:48 Uhr)